Predigt zum Herrentag nach Christi Geburt / Gedächtnis derleiblichen Verwandten des Herrn König Davids, Josefs des Bräutigams undJakobus des Herrenbruders(Gal. 1: 11-19; Mt. 2: 13-23) (11.01.2015)
Liebe Brüder und Schwestern,
der erste Sonntag nach dem Geburtsfest Christi, an dem wir schon seit Gründung unserer Gemeinde hier in Lankwitz immer gemeinsam die Göttliche Liturgie feiern, ist den drei leiblichen Verwandten des Herrn - Josef dem Bräutigam, König David und dem Herrenbruder Jakobus - gewidmet. Es sind diese drei Heiligen, die symbolisch für die drei Belange des menschlichen Daseins stehen, die unser Gott durch Seine Menschwerdung mit Sich vereinthat. Erinnern wir uns an die Gaben der Weisen aus dem Morgenland: Gold fürden König, Weihrauch für den Hohenpriester und Myrrhe für den sterblichen Menschen (s. Mt. 2: 11). Ihre Biographien weisen u.a. darauf, dass Gott Sichzum Teilhaber des menschlichen Daseins erniedrigte, damit der Mensch zum Teilhaber des göttlichen Daseins erhöht werde. Und gerade diese Selbsterniedrigung ist ja Ausdruck der unermesslichen Größe unseres gnädigenund mitleidsvollen Gottes.Doch in unserer gesellschaftspolitischen Tagesaktualität wird dieser Grundsatzin das genaue Gegenteil umgekehrt: die Frohe Botschaft im Allgemeinen, sowiedie Verkündigung der Menschwerdung Gottes im Besonderen werden nicht nurdurch Politiker, sondern auch und vor allem durch Kirchenleute „geerdet“, alsodem geopolitischen oder sozio-ökonomischen Tagesgeschehen untergeordnet. Nicht das Evangelium bestimmt nunmehr das Handeln und Denken der Menschen, sondern die Menschen bestimmen die Bedeutung von Gottes Wortund das Handeln, das sich ihrer Ansicht nach aus demselben ergeben soll. Nichtder Mensch soll demnach Gottes Willen erfüllen, sondern umgekehrt! Es ist wiebeim Sündenfall im Garten Eden oder beim Turmbau zu Babylon: der Menschwill an die Stelle Gottes treten und sein eigenes Geschick bestimmen – ohneGott. Wer nicht blind ist, wird das schon längst gemerkt haben. Er wird auchwissen, wie all diese Versuche geendet haben. Letztlich kulminiert dieserAufstand gegen die Allmacht Gottes in der Ablehnung des von Gott gesandtenMessias – so geschehen in Bethlehem zu Beginn unserer Zeitrechnung, alsHerodes Ihm nach dem Leben trachtete, so geschehen 33 Jahre später inJerusalem, als die irdische Rechtsprechung per Akklamation einen Schwerverbrecher in die Freiheit entließ und den in Sanftmut und voller Güte gekommenen Erlöser der Menschheit ans Kreuz schlagen ließ. Die Tragödie derMenschheit lässt sich in dem Satz von Dostojewskijs „großem Inquisitor“ anden erniedrigten und gefesselten Christus zusammenfassen: „Wir brauchen Dichhier nicht, wir kommen auch ganz gut ohne Dich zurecht“. Unsere drei genannten Heiligen personifizieren jedoch die positive Antwort der Menschen auf den Ruf des Herrn – jeder auf seine Weise, jeder zum Ruhme undzur Ehre des Herrn. Denn unser Seelenheil müssen wir nun mal in dieser irdischen Sphäre erwirken – jeder auf seine Art: der eine bekleidet einöffentliches Amt, der andere sorgt sich um den Nachwuchs, ein dritter dient als Seelsorger. Alle irdischen Bereiche sind von Gott gesegnet, sofern sie auch dem Menschen zum Nutzen gereichen. Überhaupt kann man auf vielerlei Art Gottdienen: mit dem Leib, mit der Seele und dem Geist – unter der Bedingung dassman auch wirklich Gott und den Menschen dient, und nicht sich selbst – seinemBauch, seinem Geldbeutel, seinen Ambitionen etc. Und je größer die Berufung, desto größer die Verantwortung, desto größer aber auch die Versuchungen. Bestes und eindringlichstes Beispiel sind die Prüfungen des Herrn in der Wüstedurch den Teufel: hier ging es um das materielle Wohl, die weltliche Macht undnicht zuletzt um die geistliche Sphäre. Je subtiler die Versuchung, desto größerdie Fallhöhe. Als einziges „Sicherheitsnetz“ für uns dient dabei Demut vor demHerrn und widerspruchslose Unterordnung des menschlichen Willens unter dengöttlichen.Wollen wir also bemüht sein, in allen irdischen Belangen immer Werkzeuge inden Händen Gottes zu sein, und niemals im Gegensatz dazu unseren eigenenWillen durchsetzen zu wollen. Das Leben in der Kirche, alle unsere liturgischenund kanonischen Normen dienen uns gerade dazu, sich diese Geisteshaltunganzueignen. Jedermann hat als Abbild des Dreieinigen Schöpfers seinenVerstand, sein Herz und seinen Willen, die er allesamt zur Befolgung des göttlichen Willens einsetzen muss. Und wenn Gottes Wille und Plan etwasanderes vorsieht, als das, was die menschliche Schwachheit ursprünglich imSinn hatte, muss umgehend in Demut und Gehorsam darauf reagiert und gegebenenfalls umdisponiert werden - so wie es Josef tat, der in seiner rechtschaffenen Begrenztheit seine Frau Maria zunächst heimlich entlassen wollte, sich dann aber dem göttlichen Ratschluß fügte und so zusammen mit seinem Stiefsohn Jakobus die Flucht nach Ägypten zur Rettung des göttlichen Kindes antrat. So wurden der greise Josef und der junge Jakobus zu Werkzeugender Erlösung des Menschengeschlechts, die in der Stadt Davids Gestaltangenommen hatte. Amen.