Die ehemaligen russischen Kirchen
Remplin:
Kirche zur Geburt unseres Herrn
Jesus Christus, 1854-1934
Im Schloß von Remplin befand sich in den Jahren 1854 bis 1934/35 eine Kirche zu “Ehren der Geburt Christi”. Die Kirche wurde nach der Eheschließung des Herzogs Georg August von Mecklenburg-Strelitz mit Großfürstin Ekaterina Michailovna im Rempliner Schloß im Jahre 1854 errichtet.
Großfürstin Ekaterina Michailovna entstammte der Ehe des Großfürsten Michail Pavlovi¡c und Elena Pavlovna, geb. Prinzessin Charlotte von Württemberg.
In den Jahren 1854 bis 1874 gab es nur eine provisorische (pochodnaja) Kirche in einem kleinen Saal. Nach dem Umbau und Ausbau des Schlosses wurden dann Anfang der 70er Jahre im ersten Stock drei Kirchen errichtet: Am Ende eines Ganges befand sich die orthodoxe Kirche, in zwei weiteren Sälen links und rechts von dieser Kirche eine katholische und eine protestantische Kirche. Die orthodoxe Kirche war die größte der drei Kirchen befand sich in einem Saal mit den Ausmaßen 10x15 m. Die katholische und protestantische Kirche in wesentlich kleineren Räumen.
Die drei Kirchen waren notwendig, da es in der herzoglichen Familie orthodoxe, katholische und lutherische Familienmitglieder gab. Das Rempliner Schloß wurde von den Herzögen erst im Jahre 1854 erworben und diente als Residenz nur wenige Wochen im Spätsommer und Herbst zur Jagdsaison als Familiensitz. Die übrige Jahreszeit verbrachten die Herzöge in St. Petersburg, wo sie hohe militärische Ämter bekleideten.
Im Jahre 1920 heiratete dann Herzog Graf Georg Karlow, seit 1928 Herzogs von Mecklenburg und Enkel des obengenannten Herzog Georg August, die verwitwete Gräfin Irina Michailovna Tolstaja geb. Rajevskaja. Herzogin Irina trat Mitte der 20er Jahre zum sog. “Russisch-Katholischen Ritus” über. Dieser Ritus war im 19. Jh. entstanden und sollte den Übertritt orthodoxer Russen zur katholischen Kirche “erleichtern”. Die Gottesdienste wurde streng nach orthodoxem Ritus zelebriert, der einzige Unterschied bestand in der Kommemorierung des Papstes und Bischofs. So trat Vl. S. Solov’ev 1896 zu diesem Ritus über, da er aber vor seinem Tod bei einem orthodoxen Priester beichtete, erhielt er ein orthodoxes Begräbnis. Die “russischen Katholiken” waren nach der Revolution in Berlin, Paris, Brüssel und Harbin mit eigenen Gemeinden vertreten und wurden durch das in Rom ansässige “Russicum” unterstützt. Nach dieser “Konversion” wurden die Gottesdienste in der Rempliner (orthodoxen) Kirche von dem russischen Priester Kusmin Kuraev aus Berlin zelebriert. Der Herzogin scheint aber nie der Unterschied zum orthodoxen Glauben bewußt gewesen zu sein, wie ihr Sohn, Herzog Georg Alexander, meint. Auch orthodoxe Verwandte und Bedienstete des Schlosses besuchten weiterhin diese “orthodoxen” Gottesdienste, speziell in der Karwoche und zu Ostern bis Anfang der 30er Jahre.
Die erste orthodoxe Kirche - sie bestand in den Jahren 1856-1874 - im Schloß war aus der Mitgift der Großfürstin errichtet worden. Über die Ikonostase und das liturgische Gerät gibt es keine Informationen.
Es gab aber bereits Pläne, eine größere Kirche im Schloß zu errichten. Herzog Georg war mit dem russischen Hofmaler Carl Timoleion Neff gut befreundet. Neff besuchte Remplin in den Jahren 1857 und 1862. Im Sommer 1867 malte Neff während eines Italienaufenthaltes in Piera eine Ikone des Hl. Georg und schickte diese als Geschenk nach Remplin zur Ausschmückung der Kirche. Im Sommer 1871 besuchte Neff wieder Remplin. Zu dieser Zeit fanden im ersten Stock bereits Umbauten für die geplante Kirche statt, die in einem Saal (10x15 m) entstehen sollte. Vermutlich hatte Neff bei diesem Aufenthalt versprochen, die Ikonen für die künftige Ikonostase zu malen, denn nach seiner Rückkehr nach Petersburg teilte ihm der Herzog in einer Depesche mit, “die Kapelle schreitet rüstig vorwärts, und ich werde die von Ihnen geforderten Maße der Halle mitbringen” (Skizzen und Bilder, S. 208). Aus weiteren Briefen wissen wir, daß Neff die Ikonen für die Ikonostase nach den Maßangaben des Herzog zwischen 1872 und 1874 während seiner Aufenthalte in Piera und in St. Petersburg malte. Nachdem alle Ikonen in Remplin eingetroffen waren, erhielten örtliche Handwerker den Auftrag zur Anfertigung der “hölzernen, schwarzen Ikonostase” Als letzte Ikonen waren in Remplin eingetroffen: “1 kleines, längliches Abendmahl, 2 Bilder der Verkündigung, 4 kleine Evangelistenköpfe, 1 Christus mit der Weltkugel, 1 Maria mit dem Christkinde, 2 Erzengel mit weißen Flügeln, eine heilige Helene im lila Gewande mit der Krone, eine heil. Katharina mit rothem Gewande und eine heil. Elisabeth als alte Frau”. (Brief des Herzog v. 26. Okt. 1874, Skizzen S. 211).
Gottesdienste wurden in der Kirche “nur in den Herbstwochen” während der Anwesenheit der herzoglichen Familie in Remplin von Geistlichen aus Berlin und Weimar zelebriert. Nach dem Tod der Großfürstin im Jahre 1894 wurden dann bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges nur noch an ihrem Todestag, am 16./29. August Panichiden zelebriert.
Im Jahre 1917 siedelte die Familie dann endgültig nach Remplin über. Herzog Georg Georgievi¡c heiratete im Jahre 1920 die verwitwete Gräfin Irina Tolstaja, eine geborene Rajewskaja. Regierender Herzog war zu dieser Zeit der kinderlose Herzog Michail Georgievi¡c, Graf Karlow, der im Jahre 1934 als letzter Sproß der russischen Linie in Remplin verstarb. Er verfügte in seinem Testament im Jahre 1934, daß die gesamte Kircheneinrichtung an die Brüsseler russische Gemeinde übergeben werden sollte.
Nach der Übersiedlung wurden in Remplin wieder häufiger orthodoxe Gottesdienste zelebriert, zumal im Schloß auch mehrere orthodoxe Bedienstete lebten. Regelmäßig gefeiert wurden in diesen Jahren die orthodoxen Ostergottesdienste, an denen alle Mitglieder der Familie - auch die katholisch getauften Kinder - teilnehmen mußten. Vermutlich wegen der katholischen Verwandtschaft und wegen des Priestermangels - es war äußerst schwierig einen orthodoxen Priester nach Remplin kommen zu lassen - entschloß sich die bereits erwähnte Herzogin Irina Mitte der 20er Jahre zum Übertritt in die “Russisch-Katholische Kirche”. Jedenfalls kam nun aus Berlin wieder regelmäßig ein Geistlicher, der Russe Kuzmin Kuraew, der “orthodoxe” Gottesdienste in Remplin zelebrierte.
Die Kirche wurde dann endgültig im Jahre 1935 aufgelöst und das Inventar der Brüsseler russischen Gemeinde geschenkt. Ursprünglich war vorgesehen, daß die Ikonostase, wie auch die vielen Einzelikonen, das liturgische Gerät, die Gewänder und Bücher der geplanten Kirche des Hl. Hiob, die zugleich Gedächtniskirche für die ermordete Zarenfamilie ist, übergeben werden sollte. Da aber die Ikonostase wie auch mehrere im italienisch beeinflußten Stil nicht in die im Novgoroder Stil gebaute Hl. Hiob Kirche paßten, erhielt die russische Gemeinde zur “Auferstehung Christi” (heute: rue DraPiers) die Ikonostase, sowie mehrere Gemälde aus Remplin, ein Antlitz des leidenden Christus, ein Gemälde von der Geburt Christi und ein Gemälde von der Hl. Olga und die Pla¡s¡canica aus Remplin, sowie ein Evangeliar mit Silberoklad. Das wohl wertvollste Gemälde aus Remplin ist eine Darstellung des auferstandenen Christus von Brulow, dessen Wert unbekannt ist (alle übrigen Bilder Brulows befinden sich in der Eremitage). Das liturgische Gerät, die Kirchengewänder und Kirchentücher wie auch alle liturgischen Bücher erhielt dann später die Kirche des Hl. Hiob. Im Laufe der Jahre sind fast alle Textilien als Folge der Abnutzung entfernt worden. Von dem liturgischen Gerät ist bei einem Einbruch alles, bis auf ein Altarkreuz gestohlen worden.
Immerhin sind durch die testamentarische Verfügung von 1934 wenigstens die von Neff gemalte Ikonostase und die meisten Bilder aus Remplin erhalten geblieben und nicht durch das eingangs erwähnte Feuer vernichtet worden (vgl. Bote 4/1995).
Quellen:
Skizzen und Bilder aus dem Leben Carl Timoleons von Neff. Darmstadt 1887
Rostislaw Krasjukow u. Bernd Funk: Der russische Zweig des Hauses Mecklenburg-Strelitz, in: Carolinum. Historisch literarische Zeitschrift, Nr. 105 v. Sommer 1991, S.7-24.
Pravoslavnyja cerkvi i russkija u¡cre¡zdenija za graniceju. Bratskij e¡zegodnik. Berlin 1906, Remplin, S. 327 und Cerkovnaja Pravda Berlin v. 14.1. 1914
Briefe und mündliche Mitteilungen von Georg Alexander, Herzog zu Mecklenburg