Predigt zum Festtag des Heiligen Geistes / Pfingstmontag (Hebr. 5:8-19; Mt. 18:10-20) (05.06.2023)
Liebe Brüder und Schwestern,
zum Pfingstfest endete die zehntägige Zeit zwischen der Auffahrt Christi in den Himmel und der Niedersendung des Heiligen Geistes (40. - 50. Tag nach Ostern), in der wir im Gottesdienst bzw. in unseren häuslichen Gebeten zu Anfang weder das Gebet „Himmlischer König“ (wird sonst das ganze Jahr über gelesen) noch „Christus erstand von den Toten“ (nur von Ostern bis Himmelfahrt) sprechen oder singen. Ab Christi Himmelfahrt bleibt der hierfür vorgesehene Platz einfach leer. Dadurch drücken wir die Erwartung auf das baldige Kommen des von Christus versprochenen Heiligen Geistes (s. Apg. 1:8; Eph. 1:13) aus. Es ist dann ein wunderbarer, ergreifender Moment, wenn wir dieses Gebet zu Pfingsten nach fünfzig Tagen wieder alle gemeinsam singen:
„Himmlischer König, Tröster, Geist der Wahrheit, Allgegenwärtiger und alles Erfüllender; Schatz der Güter und Lebensspender, komm und wohne in uns, reinige uns von aller Befleckung, und errette, Guter, unsere Seelen!“
Es ist also das Gebet an den Heiligen Geist, das wir zu Beginn aller Gottesdienste, zu Beginn jeder Gebetsregel und vor dem Beginn jedes Gott gefälligen Werkes sprechen oder singen. Wir beten den vom Vater und von Sohn untrennbaren Geist Gottes (s. Jes. 11:2; 61:1; Joh. 16:15; 1 Petr. 1:11; 1 Joh. 1:13; 5:7; Röm. 8:9,11; Eph. 1:17; 1 Kor. 2:11; 2 Kor. 3:3; Gal. 3:5; 4:6; Phil. 1:19; Hebr. 9:14) als unseren Himmlischen König an (s. Hiob 26:13), den Tröster (s. Joh. 14:26), Der die Wahrheit Selbst ist (s. Joh. 15:26; 1 Joh. 5:6)
und alles erfüllt (s. Ps.138:7; Kor. 2:10).
Wir beten zum unerschöpflichen Quell aller Güter (s. Ps. 50:14; Joh. 3:34; Gal. 5:22-24; Eph. 5:9,18), bitten Ihn darum, Er, – der Ursprung des Lebens (s. Ps. 103:30; 1 Kor. 15:45; Offb. 22:17), – möge in uns wohnen (s. 1 Kor. 3:16; Eph. 1:22) und uns von jeglichem Makel reinigen (s. Mt. 12:28; Apg. 8:7) und, schließlich, als der Gute (s. Neh. 9:20; Ps. 142:10), durch Seine Anleitung unsere Seelen erretten (s. Mk. 13:11; Lk. 12:12).
All das kennen wir aus den von eben diesem Heiligen Geist inspirierten Schriften des Alten und des Neuen Bundes (s. 2 Tim. 3:16). Und so richten wir heute unsere Aufmerksamkeit auf den Heiligen Geist als den Ursprung allen Lebens. Als Gott die Welt erschuf, schwebte Gottes Geist „über dem Wasser“ (Gen. 1:2). Der Himmel (die „unsichtbare Welt“) war bereits vollendet, die Erde bzw. das „Wasser“ (die „sichtbare Welt“) bestand aber noch aus „Rohmaterial“. Ähnlich einem Brutvogel, der durch Wärme neues Leben erzeugt, „schwebte“ der Geist über der Materie und bereitete sie zur Entstehung neuen Lebens. Der Geist Gottes ist also der Ursprung des biologischen Lebens (s. hl. Basilios der Große, „Homilien zum Hexaemeron“). So entstanden Flora und Fauna. Zuletzt erschuf Gott den Menschen. Anders als bei der übrigen Schöpfung, die Gott allesamt durch Sein Wort erschuf, verwendete Er für den Menschen eine dreistufige Vorgangsweise:
1) Der Dreieinige Gott sprach: „Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich“ (Gen. 1:26a);
2) „Da formte, Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden ...“ (Gen. 2:7a)
3) „… und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen“ (2:7b).
Der Mensch ist als einziges Geschöpf dazu bestimmt, ewig zu leben, wozu er die Gebote Gottes erfüllen soll (s. Gen. 2:17). Das Schlimmste, was der Mensch tun kann, ist folglich, das zeitliche Leben dem ewigen Leben vorzuziehen.
Der Mensch kennt solche Situationen, dass jemand seiner Lieben stirbt oder er davon Kenntnis erhält, dass er bald selbst sterben wird. Die Reaktion: „Gott existiert nicht“ (vgl. Ps. 13:1; 52:2). Es ist die „Rache“ für die „Verkürzung“ der vom Menschen eigenmächtig „bestimmten“ Lebenszeit durch Gott (so war es auch bei Charles Darwin, einem eigentlich Gläubigen, nach dem Tode seiner geliebten Tochter). Gott, Den es nicht gibt, ist also „böse“! - Wirklich?! Das kommt ganz auf den Blickwinkel an. Im Lichte des soeben Gesagten, kann man das auch anders sehen. Angenommen, ich erfahre von meinem Arzt, dass ich aufgrund einer Erkrankung noch zwei Monate zu leben habe. „Oh, Schreck!“... Aber wenn ich die Prioritäten richtig setze, denn danke ich dem Herrn für jeden einzelnen Tag, für jede Minute meines Lebens! Der Herr, Der mir nichts schuldet, will mir wahrscheinlich noch zwei Monate meines Lebens schenken! Und wenn es nur zwei Tage wären – welch ein Glück für mich, oder, besser noch – ich wüsste genau: ich habe noch zwei Minuten zu leben. Nur zwei Minuten!… Was mache ich da?! Ich falle auf die Knie und flehe den Herrn an, Er möge mir alle Sünden verzeihen. Ich selbst würde, wie der Erstmärtyrer Stephanus, auch zu 100% jedem alles verzeihen! „Herr, Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apg. 7:59). Ich, der ich bislang, all die Jahre unzüchtig, bösartig, egoistisch gewesen bis, kann wie der Räuber zur Rechten des Herrn mit dem letzten Atemzug ins Paradies gelangen (vgl. Lk. 23:43). Diese zwei Minuten sind unendlich viel Wert! Zwei Minuten bedeuten für mich die Ewigkeit! Wozu brauche ich dann noch weitere Jahrzehnte meines schändlichen irdischen Daseins? Ich verzichte lieber darauf. Gott sei gepriesen für alles! Amen.
PS: „Dumm“ nur, wenn Gott mir aufgrund meiner aufrichtigen Reue doch noch Gesundheit gewährt. Dann muss ich mit dem mir geschenkten „zweiten“ Leben beweisen, dass ich das mit meiner Umkehr auch wirklich ernst gemeint habe…